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Cabinda: ein Volk, dem die Selbstbestimmung und die eigenen natürlichen Ressourcen entzogen sind.

Rohstoffe contra Menschenrechte – Vergessene Entkolonialisierung in Cabinda

Autor: Bartolomeu Capita, Co-Vorsitzender des Cabindan National Movement

Überblick über die Kirche „Unsere Liebe Frau Königin der Welt“ in Cabinda. Foto: Macauhub.

Wirtschaftsinteressen und der Griff nach Rohstoffen schüren viele Konflikte weltweit. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker bleibt dabei oft auf der Strecke. Stattdessen werden schwere Menschenrechtsverletzungen verübt, um die Kontrolle lukrativer Ressourcen zu sichern. Viele dieser Konflikte finden in Europa kaum Aufmerksamkeit, obwohl sie eng mit Europas Kolonialherrschaft in Afrika verknüpft sind. So auch in Cabinda, einer früheren portugiesischen „Kolonie“ im Südwesten Afrikas.



Cabinda – Garant für Angolas Reichtum

Fragt man auf den Straßen Europas nach Cabinda, so wird mit Achselzucken reagiert. Cabinda, nie gehört, kaum ein Konflikt ist so unbekannt wie der um das rohstoffreiche Gebiet nördlich des Kongo. Das Territorium von einer Fläche von rund 10.000 Quadratkilometern ist umgeben vom Kongo (Brazzaville) und der Demokratischen Republik Kongo und grenzt an den Atlantik. Rund eine Million Menschen kommen aus Cabinda. Doch die Hälfte von ihnen lebt als Flüchtlinge im Ausland. 

 Nach dem Sturz der Diktatur in Portugal besetzte Angola 1974/75 das portugiesische Territorium und erklärte es zu seiner Exklave. Heute wird in Cabinda mehr als die Hälfte des Öls gefördert, das Angola mit großem Profit weltweit vermarktet und das Land zu einem der großen Ölexporteure Afrikas gemacht haben. Angola bekommt für diese Ausbeutung der Ressourcen jedes Jahr mehr als 35 Milliarden Euro an Lizenzgebühren von internationalen und nationalen Energiekonzernen wie Total, Eni, Agip Angola, Sonangol oder der Cabinda Gulf Oil Company Ltd (CABGOC), einer Tochtergesellschaft von Chevron. Die Öl-Einnahmen machen 70 Prozent des Staatshaushalts Angolas aus. Dank des Öls aus Cabinda ist Angola zu einem der bedeutendsten Öl-Lieferanten der USA und Chinas geworden.

Auch an anderen Rohstoffen ist das ehemalige portugiesische Territorium reich. So gibt es unter anderem Vorkommen von Diamanten, Uran, Gold, Eisen, Phosphat, Mangan und viel Tropenwald.


Reichtum schürt Korruption in Angola und Armut in Cabinda

Angolas Regierung und Machtelite in der staatlich kontrollierten Wirtschaft steht seit Jahren wegen massiver Korruption im Kreuzfeuer der Kritik im In- und Ausland. Ohne den Rohstoffreichtum Cabindas hätte die Korruption niemals den großen Umfang erreichen können, der heute beklagt wird.

Doch trotz der massiven Korruption bekommt Angola weiter Hilfsgelder und Zuwendungen internationaler Finanzinstitutionen. Dringend muss diese Hilfe abhängig gemacht werden von glaubwürdigen Bemühungen um eine politische Lösung des Cabinda-Konflikts und um eine Entkolonialisierung des Territoriums.   

Die Bevölkerung Cabindas ist hingegen weiter verarmt und verelendet. Sie wartet bis heute vergeblich auf positive Folgen des Öl-Booms. Die Lebenserwartung der Menschen ist von 75 Jahren während der Kolonialzeit auf 48 Jahre gesunken. Die Kinder- und Müttersterblichkeit in Cabinda zählt heute zu den höchsten in der Welt. Die zu Kolonialzeiten geschaffene unzureichende Infrastruktur zerfällt immer mehr, so dass die Zukunft der Menschen in Cabinda akut bedroht ist.

Malongo Terminal und Stadt in Cabinda. Das Malongo Terminal, wo Cabinda Rohöl geladen wird, wird von der Cabinda Gulf Oil Company (CABGOC) betrieben. Quelle: https://www.angolalng.com

Schon zur Kolonialzeit umkämpft

Portugal, die Niederlande, Frankreich und Großbritannien kämpften schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts um die Kontrolle Cabindas. Im Jahr 1883 verlor Cabinda durch die französische Besetzung einen Großteil seines Territoriums. Als Frankreich drohte, auch den Rest Cabindas zu besetzen, unterzeichneten die Einwohner Cabindas im Jahr 1885 einen Protektoratsvertrag mit Portugal, um sich vor einer weiteren Okkupation durch Frankreich zu schützen. Diese Aufteilung Cabindas wurde auf der Berliner Kongo-Konferenz 1884/85 besiegelt. Alle Versuche des Deutschen Reiches, sein Einflussgebiet in Afrika auf Cabinda auszuweiten, wurden von Frankreich vereitelt. Die Besetzung des portugiesischen Territoriums durch Angola im Jahr 1974/75 wurde von Kuba und der Sowjetunion militärisch unterstützt, wurde aber auch politisch von Frankreich und den USA in den Vereinten Nationen gedeckt. Vergeblich forderten die Bewohner Cabindas die Achtung des Selbstbestimmungsrechts der Völker ein, obwohl die UN-Vollversammlung im Dezember 1960 in ihrer Resolution 1514 ein Ende von Fremdbestimmung für die in der Kolonialzeit unterworfenen Völker gefordert hatte.   


Foto: Bartolomeu Capita

Deutschland soll Entkolonialisierung fördern

Als Mitglied des Weltsicherheitsrates soll sich Deutschland für eine politische Lösung der Cabinda-Frage einsetzen. Grundlegende Menschenrechte, die in internationalen Konventionen garantiert sind, müssen auch in Cabinda respektiert werden. Das „Cabindan National Movement“ appelliert an die deutsche Bundesregierung, sich für eine zügige Entkolonialisierung des von Angola besetzten Territoriums einzusetzen. Um den Schritt zu staatlicher Unabhängigkeit zu erleichtern, soll während einer Übergangszeit ein Trust-Fonds eingerichtet werden, in den jährlich 5,5 Milliarden Euro aus den in Cabinda erzielten Öl-Einnahmen eingezahlt werden. Mit den Mitteln aus diesem unter der Schirmherrschaft Deutschlands und Portugals stehenden Fonds sollen vor allem Entwicklung, Bildung und der Ausbau der Infrastruktur in Cabinda gefördert werden. 


Quelle:

Weitere Infos:

Dr. J. Peter Pham, Cabinda: The “Forgotten Conflict” America Can’t Afford to Forget, World


Bartolomeu Capita, Cabinda: Flucht und Migration, Cabindan National Movement, 2019.

Bartolomeu Capita, Call on Germany to shoulder her International Responsibility, Cabindan National Movement, 2019.


Berlin, 16. Oktober 2019

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